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Moderator Christian Stadali © André Wirsig im Auftrag der SLfG
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„Wir brauchen freche Dauerkämpfer!“ – Nachlese zur 6. Fachtagung Kita- und Schulverpflegung

Die 6. Fachtagung Kita- und Schulverpflegung im Rahmen der ISS GUT! Fachmesse für Gastgewerbe und Ernährungshandwerk in Leipzig mit rund 150 Teilnehmenden widmete sich am 7. November 2023 ganz der Frage, wie Kinder und Jugendliche lernen können, verantwortungsbewusste Ernährungsentscheidungen zu treffen – in Bezug auf ihre Gesundheit, die Umwelt und soziale Chancengleichheit.

Gemeinsam mit der Leipziger Messe lud die Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung Sachsen alle Akteure und Entscheider ein, um Lösungsansätze zu den vielen Fragen im Plenum, in Foren und im Rahmen einer begleitenden Ausstellung zu finden: Wie können Kinder und Jugendliche lernen, verantwortungsbewusste Ernährungsentscheidungen zu treffen? Wie sollte die Ernährungsumgebung gestaltet sein, damit dies gelingt?

Auch in den Pausen wurden diese Fragen bei köstlicher Kürbissuppe und Schnittchen diskutiert.

Nicht alle Fragen ließen sich vor Ort klären, doch die Beiträge der Referentinnen und Referenten und der Gesprächsteilnehmenden legen den Schluss nahe, dass sich eine faire Kita- und Schulverpflegung auch in Zeiten steigender Energie- und Lebensmittelkosten realisieren lässt. Voraussetzung: Es werden neue Organisationsformen gefunden und alle Beteiligten wollen es auch umsetzen.

Begrüßungsdialog

Die Gäste wurden im Congress Center Leipzig durch Ulrike Lange, Projektdirektorin der Leipziger Messe GmbH in Vertretung für Markus Geisenberger, Geschäftsführer der Leipziger Messe GmbH, und Stephan Koesling, Geschäftsführer der Sächsischen Landesvereinigung für Gesundheitsförderung e. V., begrüßt und durch das Programm von Christian Stadali (WortwerkWeimar) geführt.

Ulrike Lange brachte ihre Freude nach drei herausfordernden Jahren zur sehr guten Resonanz der ISS Gut! zum Ausdruck. Das dominierende Thema in diesem Jahr auf der Messe sei: Bio, regional, Nachhaltigkeit: eine gesunde Lebensweise, direkt gefolgt von optimierter wirtschaftlicher Technik und Geräten, die essenziell für Unternehmen sind und auch nachgefragt werden, damit Alltagsabläufe bewältigt werden können.

Stephan Koesling betonte, wie wichtig es sei, bei der Frage nach einer fairen Kita- und Schulverpflegung nicht nur den Einzelnen in den Blick zu nehmen, sondern auf die Gesamtumgebung zu schauen und die soziale Lage der Kinder und Jugendlichen in den Blick zu nehmen, d. h. Welchen Zugang haben Kinder und Jugendliche zu Kita- und Schulverpflegung?

Begrüßungsdialog (S. Koesling, C. Stadali, U. Lange v. l. n. r.) © André Wirsig im Auftrag der SLfG

 

Gleichzeitig nutzte die Leipziger Messe die Anwesenheit von Manuela Sorg, um sich von ihr als langjährige Projektleiterin der Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung Sachsen zu verabschieden und sich für die erfolgreiche Zusammenarbeit zu bedanken.

Fachvortrag

Einen fachlichen Einstieg zur Bedeutung fairer Ernährungsumgebungen für die Kita- und Schulverpflegung gab Prof. Ulrike Arens-Azevêdo, Fakultät Life Sciences an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg.

Die Expertin skizzierte zu Beginn die Ausgangslage in Deutschland und Sachsen. Demnach werden in Deutschland 4,3 Mio. Kinder und in Sachsen 322.754 Kinder in Kindertagesstätten betreut – nicht alle essen in der Kita, aber insgesamt ein hoher Anteil von mehr als 70 % der Vier- bis Sechsjährigen. Bundesweit lernen 8,4 Mio. Schülerinnen und Schüler an allgemeinbildenden Schulen, davon 3,55 Mio. Kinder und Jugendliche an Ganztagsschulen, bei denen nur ein Mittagessen angeboten werden muss. Während an Grundschulen noch 50 % der Schülerinnen und Schüler am Mittagessen teilnehmen, sind es in der weiterführenden Schule ab 5. Klasse nur noch 30 %. Das vorherrschende Verpflegungssystem ist die Anlieferung von Warmverpflegung (Cook & Hold) in Deutschland.

Arens-Azevêdo erläuterte, dass die Ernährungsumgebung bestimmt wie zugänglich, erschwinglich, wünschenswert und nützlich bestimmte Speisen sind. „Ein gesundes Ernährungsumfeld ermöglicht und ermutigt die Schulgemeinschaft von den Kindern bis zu den Familien und Schulpersonal, Lebensmittelentscheidungen zu treffen, die zu einer besseren Ernährung beitragen“, so die Fachfrau.

Sie stellte Beispiele aus Hamburg und Berlin vor, die ein teilsubventioniertes und unentgeltliches Mittagessen anbieten und bezog wiederholt klar Stellung zur Bedeutung einer kostenfreien Kita- und Schulverpflegung: „Sie bedeutet soziale Chancengleichheit, verhindert Ausgrenzung und Benachteiligung, verbessert die Ernährungs- und Gesundheitssituation und fördert soziale Integration.“

Podiumsrunde

In der anschließenden Podiumsrunde traf die Wissenschaft auf die Praxis aus Kitas, Schulen und Speisenanbieter. Unter dem Titel: „Ist Kita- und Schulverpflegung noch fair?“ nahmen Ulrike Arens-Azevêdo; Ivonne Kluge, Stadt Leipzig, Amt für Jugend und Familie, Abteilung Kindertageseinrichtungen; Jirka Meyer, Amtsleiter, Schulamt Chemnitz, Stadtverwaltung Chemnitz und Thorsten Weiße-Köhler, Speisenanbieter und Vertreter des Verbandes deutscher Schul- und Kitacaterer e. V. (VdSKC), Verband Sachsen an der Podiumsrunde teil.

Podiumsrunde © André Wirsig im Auftrag der SLfG

 

Torsten Weiße-Köhler, der als Co-Geschäftsführer der Monk Catering GbR in Chemnitz drei Kindergärten, eine Oberschule, zwei Förderschulen und zehn Grundschulen beliefert, kennt die Herausforderungen. „Als Speisenanbieter arbeiten wir zwischen Theorie und Praxis. Dazu steuern wir bereits in der Grundschule auf eine Zwei-Klassengesellschaft zu, in der es Familien gibt, die sich Mittagessen leisten können und anderen Familien, die es nicht können.“ Weiße-Köhler spricht sich für ein kostenfreies Mittagessen aus, um alle Eltern zu unterstützen, denn oftmals wissen diese nicht wie sich der Essenspreis zusammensetzt und was der Träger finanziert oder nicht. Das führt zu unterschiedlichen Essenspreisen und verzehrt den Wettbewerb, betonte der Speisenanbieter.

Jirka Meyer beschreibt, dass die Stadt Chemnitz vor ein paar Jahren durch einen Beschluss die Vergabe von Schulverpflegung neu betrachtet hat, in dem bei Schulneubauten und -umbauten Schulküchen einzuplanen sind. Nach Fertigstellung sei es oftmals schwer Personal zu finden, das in den Kochküchen vor Ort kocht und das Essen ausgibt, schilderte der Amtsleiter aus Chemnitz. „Zudem werden Leistungen aus dem Programm ‚Bildung und Teilhabe‘, kurz BuT, trotz großer Anstrengungen, das direkt in den Schulen zu kommunizieren, nur wenig in Anspruch genommen.“

Ivonne Kluge kennt die Gründe für die geringe Inanspruchnahme von BuT. Im Schulbereich sind von Anfang an bereits weniger Essensteilnehmer*innen als im Kitabereich. In der Kita spielen aus ihrer Sicht das komplexe Antragsverfahren, Sprachbarrieren und Schamgefühl der Eltern eine große Rolle. „In Leipzig unterstützen Kitasozialarbeiter*innen über das ESF Plus-Programm KINDER STÄRKEN 2.0 – Vorhaben für Kinder mit besonderen Lern- und Lebenserschwernissen Familien bei der Antragstellung“, erklärte Kluge. „So konnte die Inanspruchnahme gut vorangebracht werden.“

Foren

In den Nachmittagsforen wurde das Thema faire Ernährungsumgebung in verschiedenen Facetten aufgegriffen – von Hemmnissen zur Teilhabe am Kita-Essen, über den nachhaltigen Bau von Schulmensen bis hin zu einem bio-regionalen Verpflegungsangebot. Wer sich für Ernährungsbildung, Partizipation und deren Beitrag zu nachhaltigen Entscheidungen und mehr Chancengleichheit interessierte, kam auf seine Kosten und konnte aus gleich zwei Foren wählen.

Forumsleiter*innen und einige Referent*innen © André Wirsig im Auftrag der SLfG

 

Die Forumsleiter*innen rundeten das Programm im gemeinsamen Abschluss durch Statements und Blitzlichter aus den Foren ab. Wiebke Helmcke von der Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung Sachsen resümierte als Letzte ihr Forum „Zurück in die Mensa – Wie Mitwirkung und Akzeptanz beim Schulessen befördert werden können“: „Wir brauchen 'freche Dauerkämpfer', also Menschen, die sich immer wieder hartnäckig und fordernd mit dem Thema Kita- und Schulverpflegung beschäftigen, dranbleiben und die Verantwortlichen in die Pflicht nehmen.“ Dies gilt nicht nur für dieses Forum, sondern im Allgemeinen, wenn es um die Gestaltung einer fairen Kita- und Schulverpflegung geht.

Fazit: Wort zum Schluss © André Wirsig im Auftrag der SLfG

 

Wir bedanken uns bei der Leipziger Messe GmbH, bei allen Mitwirkenden und Gästen für die gelungene Fachtagung und freuen uns sehr, Sie am 4. November 2025 erneut in Leipzig begrüßen zu dürfen.

Tipp: Alle Fotos vergrößern sich beim Anklicken.


Kontakt:

Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung Sachsen
E-Mail: vernetzungsstelle@slfg.de